Sonntag, 9. September 2012

Mannheimer Theaterakademie mit "Lieblingsmenschen" im Theater Felina-Areal



Verlorene Generation

Zweimal im Jahr bietet die Mannheimer Theaterakademie ihren Abschlussklassen Gelegenheit, sich im benachbarten Theater Felina-Areal öffentlich vorzustellen. Die zweite Abschlussklasse 2012 führt hier jetzt Laura de Wecks „Lieblingsmenschen“ auf, das vor fünfeinhalb Jahren schon einmal mit dem Mannheimer Schnawwl-Ensemble zu sehen war. Die Vorstellung der Theaterakademie ist unterhaltsam und empfehlenswert.

Lieblingsmenschen“ war das Debütstück der Schauspielerin und Dramatikerin Laura de Weck, Tochter des Publizisten Roger de Weck.
Sie schrieb es, als sie etwa in dem Alter war, in dem die angehenden Schauspielerinnen und Schauspieler, die es jetzt an der Theaterakademie aufführen, auch sind: also Mitte zwanzig. Im Herbst 2005 stellte das Mannheimer Schnawwl-Ensemble Laura de Wecks Stück erstmals in einer szenischen Lesung beim Frankfurter Autorenforum vor. Anderthalb Jahre später folgte die Uraufführung im Studio Werkhaus etwa zur selben Zeit wie am Theater Basel. Boris C.Motzki, ehemals Regieassistent am Mannheimer Nationaltheater, inzwischen freischaffender Regisseur und immerwieder einmal für die Theaterakademie tätig, hielt „Lieblingsmenschen“ nicht nur für geeignet für die Absolventenklasse, sondern auch die Zeit für gekommen, in Mannheim wieder an das Stück zu erinnern. Damit fand er auch sofort die Zustimmung der jungen Leute. „Lieblingsmenschen“ spielt in einem studentischen Milieu in einer Lost Generation, die nichts anzufangen weiß mit ihrem Leben und oft im Telegrammstil über SMS kommuniziert. Die Psychologiestudentin Lili (Marion Bott) bandelt mit dem durchs Juraexamen gefallenen Darius (Roman Kimmich) an, der früher mit der Schauspielschülerin Jule (Svetlana Wall) zusammen war, die es wiederum lustlos mit Sven (Dennis Rehner) treibt, wie sie es angeblich mit jedem treibt. Nur die eifrige Philosophiestudentin Anna (Katrin Reuter) ist schon seit sechs Jahren glücklich,wie sie jedenfalls behauptet, mit Philipp liiert. Philipp wiederum ist wie ein Gespenst: Alle reden von ihm, aber er tritt niemals in Erscheinung.

Boris C. Motzki inszeniert „Lieblingsmenschen“ amüsant und mit vielen pfiffigen Einfällen. Die nicht auftretenden Personen sind als Schattenrisse präsent und machen so den Anpassungsdruck deutlich, unter dem alle stehen. Sexszenen werden mit Plastikflaschen, die auch über die ganze Bühne verstreut sind, angedeutet. Die Dialogszenen sind oft witzig. Das Stück wirkt so beschwingt, dass das böse Ende höchst unerwartet in die heitere Atmosphäre einbricht.

Allein wegen der Leistung der jungen, äußerst engagierten Schauspielerinnen und Schauspieler lohnt sich der Theaterbesuch.

HANS-ULRICH FECHLER
Quelle: Rheinpfalz



















Fotografie: Wolfgang Detering © All rights reserved

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